Albanien: Der Norden
Wo fängt man, wenn man ein Land zum allerersten Mal besucht? Natürlich oben.
Um das hinzubekommen startet man erst einmal in der Mitte, Tirana. Nach einem relativ kurzen und günstigen Flug (Wizz Air ab Wien) ist man dann schon im Landeanflug auf den kleinsten mir bisher bekannten Hauptstadtflughafen Europas. Wahrscheinlich gibt es kleinere, aber dieser ist schon sehr, sehr klein. So klein, dass die auf die Ankommenden wartenden bis auf den Parkplatz vor dem Flughafen stehen müssen um Blumen zu überreichen, Taschen abzunehmen oder Taxifahrten anzubieten.
Wie kommt man am besten ins Stadtzentrum?
Option A (Sammelbus): Man verlässt den International Airport Tirana via besagtem (und einzigen) Ausgang und geht ca. 500m geradeaus. Hier werden Fans der südländischen Straßenanatomie gleich ins Schwärmen kommen, da staubig, steinig und rundum etwas unrund. Also, Sammelbus, 400 Lek/Person (Stand 23.8.22 ungefähr etwas unter 4€). Der Bus bleibt relativ zentral nahe dem Skanderberg Platz stehen von wo aus man die meisten Unterkünfte gut erreichen kann.
Option B (Taxi): Sicherlich bequemer und unkomplizierter. Jedoch kann hier der Preis deutlich variieren. Irgendwo zwischen 1.200 und 2.500 Lek ist alles möglich (also ungefähr zwischen 10€ und 20€).
Wie kommt man am besten von Tirana aus in den Norden?
Tirana verfügt über einen internationalen Busbahnhof, von welchem regelmäßig Busse in alle möglichen Richtungen starten. Buspläne sind online abrufbar, jedoch wird meistens zusammen gewartet, bis ein Bus voll ist. Insofern sind die Zeiten eher als grobe Richtwerte zu verstehen. Außerdem kann man sich vor Ort noch entscheiden, ob man Wert auf eine Klimaanlage legt (teurer), oder dem Charme eines kleinen Sammeltaxis erliegen will (günstiger). Der Frischluftzufuhr zuliebe wurde der erste Teil der Fahrt mit offenen Türen unternommen. Für die zweite Option hatten wir jeweils 800 Lek gezahlt, für 2.5h Fahrt.
Shkodra
Nette Ortschaft, nette Leute und überraschenderweise eine Fahrradstadt. Ja, eine Fahrradstadt in Albanien. In Anbetracht der lokalen Autofahrkünste ist das schon ziemlich unterhaltsam, mit welcher stoischen Gemütlichkeit ältere Herrschaften auf noch älteren Herrenrädern durch die mit Teer verbundenen Schlaglöcher gondeln. Abseits von öden Hotels haben wir uns hier für ein Einzelzimmer in einem im Hostel “Mi Casa es tu Casa” entschieden. Eine Villa Kunterbunt für größere Kinder. Sehr sympathisches Personal, alles nett eingerichtet - kann man durchaus einmal machen.
Zeit für einen Haarschnitt?
Albanien hat - für Männer zumindest - die mir bislang günstigsten Haarschneidepreise (250 Lek/ca. 2€). Pro Tipp: Wenn man seine eigene Friseurin mitbringt, erhält man den Kurzhaarschnitt sogar kostenlos!
Die Suche nach Abkühlung - “Bilal Beach”
Shkodra liegt zwar im albanischen Norden, jedoch ungefähr auf selber Höhe mit Bari. Kurzum, es ist die meiste Zeit des Jahres heiß und das vor allem im August. Auf Empfehlung unserer Beherbergungsoberchefin sollten wir doch den Skutarisee besuchen, der nur eine gute Dreiviertelstunde mit dem Fahrrad entfernt liegt und so nebenbei der größte See des Balkans bzw. der zweitgrößte See Südeuropas sei. Am Ende der befahrbaren Seestraße befände sich übrigens das Grundstück von Bilal, einem entfernten Verwandten oder Freund der Familie - viel klarer wurde es nicht. Jedenfalls konnte man dort etwas trinken, Boot fahren und ins Wasser springen. Wir bestiegen also unsere zu kleinen Miet-Mountainbikes und strampelten dem ersten Badeausflug in Albanien entgegen. Auf ungefähr halbem Weg zum Bilal Beach verabschiedete sich zwar eines meiner Pedale, das tat der Vorfreude aber keinen weiteren Abbruch. Der Weg hatte verhältnismäßig wenige Schlaglöcher, es gab ausreichend Schafe, Kühe und Ziegen zu sehen und an die etwas über 30 Grad hatte man sich auch bald gewöhnt.
Von Bilal selbst wurden wir herzlichst empfangen - mit Raki. Manche mögen vielleicht meinen, dass eine erste Abkühlung mit Raki nicht die allerschlaueste Idee unter der der Albanischen Sonne wäre, aber dem war tatsächlich nicht so. Wir entschieden uns zwar für ein weiteres Glas aber gegen einen ausgedehnten Aufenthalt am Bilal Beach, auch weil wir snacktechnisch etwas zu leicht ausgestattet waren. Nach einem kurzen Schwatz über Gott, die Welt, Russland, Putin (Hinweis: Bilal war kein Fan), Albanien und Katzen bedankten wir uns für die nette Gastfreundschaft und machten uns wieder auf den Weg.
Ab in die Berge
Der Norden Albaniens ist vor allem für seine Berglandschaft berühmt und die Straße dorthin berüchtigt. Bis vor 8 Monaten zumindest, dann wurde sie asphaltiert und wir brauchten nun nur 3 Stunden anstatt >5 Stunden.
30 Jahre fährt er diese Straße schon, meinte unser Fahrer, 6 Tage die Woche. Also nicht weniger als knapp 2 Millionen Kurven bisher.
Da wir ursprünglich eine Rundwanderung geplant hatten (Shkodra - Theth - Valbona - Shkodra) starteten wir mit Theth. Ein kleines, idyllisches Bergdorf in dem jeder Hirte und jede Hirtin sich irgendwann im Verlauf der letzten Sommer ein Hotel oder mindestens ein B&B hingestellt hat. Da man, abgesehen vom Wandern, dort nicht allzu viel anstellen kann, ist das auch nachvollziehbar. Wir selbst sind in der Bujtina “Polia” untergekommen. Die Unterkunft selbst ist in Ordnung, das Abendessen aber grandios und uns war es beiden lieber so als umgekehrt. Da wir uns über Google Wetter und 1, 2 weitere Websites informiert hatten, ließen wir die “große” Wanderung letztendlich aus, da an unseren Vor-Ort Tagen ausschließlich von heftigen Gewittern die Rede war. Geregnet hat es allerdings nur 10 Minuten. In unserer Unterkunft wurde uns eine italienische Website empfohlen, die auch lokal genutzt wird und wohl um einiges “korrekter” funktioniert.
Zum Glück gibt es vor Ort auch ausreichend andere Insta-Spots wie das “blaue Auge” oder mehrere Wasserfälle. Allgemein ist die Gegend rund um Theth atemberaubend schön und (noch) relativ schwach besucht. Außerhalb der Hochsaison ist man aber vermutlich noch um einiges einsamer.